Reise-Fotografien & mehr von Nicole Ritter

Hombroich

Museum Insel Hombroich, welch ein Ort! Hier in den friedvollen Auenlandschaften des Niederrheins vermählen sich vor meinen Augen reine Architektur und Natur, steigern sich gegenseitig in ihrer Kraft und Wirkung. Schon lange hatte ich der seit 1987 existierenden Stiftung Museum Insel Hombroich in Neuss einen Besuch abstatten wollen. Gestern war es so weit.

Auf dem weiträumigen Gelände hat der 2007 verstorbene Düsseldorfer Sammler  Karl-Heinrich Müller seinen Lebenstraum von „Kunst parallel zur Natur“  verwirklicht. Grundstock bildete dabei sein vielseitiges Konvolut, dem neben fernöstlicher Kunst auch Werke von Lovis Corinth, Hans Arp, Kurt Schwitters, Alexander Calder, Henri Matisse, Rembrandt, Yves Klein und Gotthard Graubner angehören.

Die üblichen Hinweisschilder auf den Künstler, welche die ausgestellten Werke als berühmt und wertvoll qualifizieren, sucht man hier vergebens. Jeder Werk ist hier nur so bedeutsam wie der Zugang, den jeder Besucher zum Werk findet.

Die Gluthitze des bislang heißesten Tages 2014 erschlägt mich fast, aber jeder Schritt entlang der Wasserläufe und Tümpel, durch kühle Wälder und Pavillons wird zum Erlebnis. Schnell wird mir klar: Das Museum Insel Hombroich ist ein besonderer Ort, jenseits des hektischen Alltags und modischer Museumstrends. Die Besucher erschlendern sich die Kunst. Versteckt im dichten Wald finde ich Schatzhäuser des künstlerischen Dialogs zwischen frühen außereuropäischen Artefakten und Spitzenwerken des 20. Jahrhunderts.

Großformatige Skulpturen, die sich aus dem wilden Wiesengrund erheben,  lassen den Geist ebenso zur Ruhe kommen wie die Parkbänke, die den Blick des Betrachters gezielt auf inszenierte Natur lenken. Hier treffe ich auch auf den Buddha, der in einem Gartenhäuschen des 19. Jahrhunderts vor sich hin lächelt. Jemand hat ihm eine Hortensie in die von Räucherstäbchen geschwärzte Hand gelegt. Im Unterholz liegen Vorratsamphoren vergangener Zeiten.

Auf Lichtungen locken Architekturen, die nichts sind als reine, in ihrer Funktion sich selbst genügende Kunst-Räume innerhalb des Naturraums. Alle wurden von Erwin Heerich ersonnen und aus den schlichten Grundstoffen Feldbrandstein, Glas, Stahl, Holz errichtet. Türöffnungen inszenieren Ausblicke auf Natur. Brücken schlagen Verbindungen zwischen Kunstraum und einem Naturraum, der mal sich selbst überlassen scheint, andernorts subtil von Menschenhand in Szene gesetzt sein muss.

Ich spüre, wie ich ruhig werde im Gehen und ankomme in der schlichten Spiritualität dieses Ortes. Spüre, wie sich meine Sinne schärfen und das Einfache zur Sensation wird. Auf dem Boden des Graubner-Pavillons, der in seiner Grundform aus zwei sich überschneidenden Kreisformen besteht und der als begehbare Skulptur angelegt ist, malen die Schatten der Fensterrahmen Linien auf den Boden. Die Spiegelungen der Fenster holen die Natur in den Raum. Wo endet das Aussen, wo das Innen? „Da gibt es nix. Hier kannste Dich nur abkühlen“, höre ich einen Trupp Besucherinnen hinter mir.

Stunden später begegne ich der Damentruppe erneut. Fröhlich plaudern sie darüber, wie blauäugig die Museumsleitung doch sei, in der Cafeteria Speisen umsonst und nur gegen eine Spende anzubieten.  Und was das denn überhaupt für eine Speisenauswahl sei?! Brot, Griebenschmalz, hartgekochte Eier, Pellkartoffeln, Quark, Äpfel vom Baum vor der Tür – hier auf dem Tisch erlebt das Schlichtheitsideal der Insel-Schöpfer ihre konsequente Fortführung. Ich finde es herrlich!